Sonntag, 15. März 2015

China, der Krebs und warum sich das Leben im Schnelldurchlauf verändert


 Sina und ich:

Mein Schalentier im Überblick:
Ich glaube, ich gebe einmal einen Rückblick auf das letzte Jahr und meinen Brustkrebs:

Nachdem ich den Brustknubbel entdeckt habe, hat mich meine Gynäkologin untersucht und meinte gleich, dass das nicht so normal aussieht, aber das Ultraschallergebnis war nicht eindeutig. Wir sind dann Anfang August erstmal für zwei Wochen nach Griechenland/Kreta geflogen und haben Urlaub gemacht.

Füße….



Jona:



und ich:
 
Direkt danach hatte ich einen Termin zur Mammographie (20. August 2014). Dann hatte ich zwei Termine im Krankenhaus zur Biopsie und zur Besprechung, am 28. August wusste ich, dass es Brustkrebs ist, allerdings noch nicht genau, welche Art.
Wir sind dann erstmal eine Woche nach China geflogen (mein Mann Micha arbeitet dort seit November 2014).
Sonntags kamen wir aus China zurück und Montag, den 8. September bekam ich die Diagnose Triple negativ. Die Woche war dann voll mit Untersuchungen,
Vinzenz – Markierung Lymphzellen, OP (Port setzen, Wächterlymphknoten raus), Kardiologentermin, etc. Trotz der Diagnose Triple negativ habe ich sehr großes Glück, dass die Lymphknoten nicht befallen sind.

Vor dem Krankenhaus: Sina, Mupped (unsere kleine Griechin - Sina hat sie an diesem Morgen aus Hamburg vom Flughafen abgeholt)

Genau einem Monat nach der Diagnose begann am 8. Oktober die erste Chemo mit Paclitaxel (Taxol).
Ich vertrage die Chemo anfangs mäßig, ich habe mächtige Knochenschmerzen und die Haare fallen mir aus, obwohl sie versprochen haben, es fängt erst im Januar an. Das Ibuprofen hilft gut, ich habe weniger Energie, aber im Großen und Ganzen geht es mir gut. Bei der zweiten Chemo habe ich eine allergische Reaktion, aber die Onkologen in meiner Praxis sind sehr gut vorbereitet, so dass sie das schnell im Griff haben. Ich bekomme die Chemo wöchentlich, also drei Mal hintereinander und dann einmal Pause. Ende Oktober habe ich noch einmal eine Stanzbiopsie und der Tumor ist von 3,8 auf 1,2 cm geschrumpft! Super Ergebnis nach nur drei Malen Chemo.

Im November werden wider Erwarten meine Haare licht, sie fallen büschelweise aus. Ich habe damit nicht gerechnet und bin nicht begeistert! 



Am 18. bekomme ich meine Perücke und bin sehr unglücklich darüber, es gefällt mir überhaupt nicht. Abends rasiere ich meine Haare ab – nun ist es sehr kalt am Kopf. Es ist weniger emotional als ich erwartet hätte, ich bin sehr gefasst und bin gespannt, wann es mich das erste Mal schmeißt. 
 



das erste Mal mit Perücke:


hmmm - doch lieber mit Mütze:



Ich liebe meine Haare, ich mag die Farbe und ich mag meinen Haarschnitt und es ist mir unglaublich wichtig, dass sie gut sitzen. Ich wasche sie jeden Tag und bin da sehr pingelig. Aber nun sind sie ab und ich tröste mich mit dem, was offensichtlich ist: es sind nur Haare und gesund werden ist viel wichtiger!
 
Es ist viel kälter als ich erwartet habe und dieses Problem zieht sich durch bis heute. Durch das Taxol bekomme ich krasse Hitzewallungen. Mal ist mir heiß und mal kalt und am Kopf ist es am schlimmsten. Ich probiere jede Art von Mützen aus, aber an die Fähigkeit von Haaren kommt keine dran, es ist sehr nervig.


Mit der Perücke kann ich mich leider nicht anfreunden. Einen echten Einbruch bekomme ich am 24. November. Meine Schwester feiert Geburtstag und hat unsere Eltern und einige Freundinnen eingeladen. Ich hatte mir vorgenommen, an diesem Tag die Perücke zu tragen. Meine Schwester soll der Mittelpunkt sein und nicht meine blöde Krebsglatze! Das erste, was schiefgeht ist die Suche nach dem schwarz-weißen Kleid von Urban Outfitters, denn bei mir ist es nicht und bei Sina auch nicht. Ich suche verzweifelt unsere Kleiderschränke durch, es ist nicht da! Das ist im Prinzip nicht schlimm, aber an diesem Tag bin ich etwas „psycho“ und sauempfindlich. Also ist heute die Perücke dran: ich bin zwar noch nicht angezogen, aber schon fertig geschminkt und muss sie nur noch aufsetzen. Bei diesen kurzen Haaren sollte das kein Problem sein – sollte man meinen. Aber es ist es leider, die Perücke rutscht sofort hoch, obwohl ich sie mit Klebeteilchen im Nacken befestige, es sieht sch… aus und ich bin überhaupt nicht zufrieden, so werde ich nicht rumlaufen! Ich zeige mich Jona, er sagt vorsichtig, dass es gut aussehe. Er kennt mich genau! Na ja, ich bin unschlüssig, ich will auf keinen Fall mit Mütze gehen. Außerdem suche ich immer noch das Kleid! Meine Eltern kommen auch in absehbarer Zeit wir wollen um halb vier los, es ist nur noch eine Stunde!
Ich rufe Jona, er ist ein guter Finder! Aber er sucht auch vergebens und ich vermute, dass Sina es mit nach Indonesien genommen hat. Ich wähle ein anderes Outfit und versuche nochmal die Perücke! Es geht nicht, ich bin verzweifelt und rufe Jona. Er kommt, guckt mich an und dann laufen die Tränen. Ich liege verzweifelt schluchzend bei meinem 14jährigen Sohn im Arm. Er versucht mich zu trösten und ist etwas überfordert! Ich weine so gut wie nie und wenn, dann ist dann eher die Sina zur Stelle. Er ist pragmatisch und meint, dass die Mützen doch wunderbar seien und kein Mensch brauche eine Perücke!
Ich beruhige mich und dann klingeln meine Eltern! Sie sind zu früh, auch das noch, das kann ich jetzt gar nicht gebrauchen. Aber nach einem kurzen: „Ihr seid viel zu früh!“, verdrücken sie sich in den Garten (es ist kalt und wir haben November)…. Oh je, die Ärmsten.
Letztendlich gehe ich ohne Perücke und setze meine Mütze auf. Bei der ersten Hitzewallung sitze ich dann doch wieder mit meiner Glatze am Tisch. Mittelpunkt hin oder her, ich kann nicht anders, ich kann ja nicht alle naselang auf die Toilette verschwinden, nur damit mich keiner sieht. So geht also auch dieser Tag zu Ende und ich habe entweder einen heißen oder einen kalten Kopf!
                                               
Dezember:

Die Umzugsvorbereitungen sind im vollen Gange. Nico ist wie gesagt, sei dem 13. Dezember zurück und Sina kommt am 17. Dezember. An diesem Tag bekomme ich nochmal Taxol und dann ist drei Tage später der Umzug. Es ist extrem anstrengend, ich habe eine Umzugsfirma beauftragt, die mit 7 Leuten und einem LKW kommen. Sie räumen die Möbel und die Kartons aus der Wohnung und in die neue Wohnung rein. Aber das ist schon alles, den Rest machen wir, also Möbel an die richtigen Stellen schieben und die Kartons ausräumen. Das Wochenende arbeiten wir gefühlt durch und am Montag kommt die Telecom und der Herd wird angeschlossen. Ich brauchte leider einen neuen, denn es gibt hier keinen Gasanschluss, oh je, ich werde mit Strom kochen müssen - aber zumindest ist es Ökostrom :D

Wir feiern ein sehr gemütliches Weihnachtsfest und am 1. Weihnachtsfeiertag fliegt Nico zurück nach Asien, er verbringt den Jahreswechsel in Bangkok. Wir sind alle traurig, aber ich kann es verstehen, die neue Wohnung ist nicht mehr sein Zuhause, er hat hier auch kein Zimmer mehr!
Sina fährt am  2. Weihnachtsfeiertag nach Berlin, sie möchte den Jahreswechsel bei ihren Freunden dort verbringen. So bleibe ich mit Jona allein in Hannover. Am 30. Dezember bekomme ich noch eine Chemo und so gibt es einen ruhigen Jahreswechsel zu zweit. 




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