Freitag, 27. März 2015

Warum der Februar anstrengend ist - Krebs und die elende Pegida


20. Februar – Chemo


Heute bekomme ich das zweite Mal Chemo mit Epirubicin und Cyclophosphamid. Die folgenden Tage sind Hammertage und ich hasse sie. Ich bin ein sehr positiver Mensch, aber ich merke, wie empfindlich und zerbrechlich sich mein Körper anfühlt. Mir ist so unglaublich übel und ich bin so dermaßen kraftlos, dass es mir totale Angst macht. Ich habe das Gefühl, ich laufe nur noch auf 5%, und die benötige ich für den Antrieb. Ich laufe tapfer mit den Hunden und versuche den Alltag irgendwie zu bewältigen.

 



Sina und Jona fühlen sich hilflos, mich so zu sehen und ich versuche stark zu sein. Durch das Cortison habe ich ein total aufgequollenes Gesicht und bin zudem auch noch wach. Schlaf ist im Grunde das einzige, was angenehm ist, aber durch das Cortison wache ich regelmäßig auf und schlafe nicht mehr ein. Mir ist immer übel und mir fehlt jegliche Lebenskraft. Ich weiß, dass die erste Woche die schlimmste ist, Woche zwei wird dann schon viel besser, da laufe ich zumindest auf „halber Kraft“.
 


Ablenkung ist das Beste und es funktioniert ab Woche II gut. Ich gehe in die Stadt shoppen und genieße die Menschen um mich herum, langsam kehrt wieder ein "Lebendigkeitsgefühl" ein.





Aber der Krebs ist natürlich nicht das einzige, was mich im Februar beschäftigt. Sina absolviert den ganzen Februar ein Praktikum beim Flüchtlingsrat Niedersachsen in Hildesheim. Die Arbeit dort ist sehr emotional und in vielen Gesprächen diskutieren wir die Flüchtlingspolitik in Deutschland. 
Es ist sehr schade, dass sowohl die europäische als auch die weltweite Flüchtlingspolitik so menschenfeindlich ist. Im Grunde geht es immer darum, dass man die Einreiseländer angeblich schützen müsse, aber grundsätzlich sollte doch den Flüchtlingen Schutz geboten werden. Zudem verstehe ich nicht, warum diese furchtbaren Pegida-Demonstatrionen stattfinden. Deutschland war ein Flüchtlingsland, mein eigener Papa ist damals aus der DDR geflohen, er hat nahe von Dresden gelebt und ist mit 19 Jahren nach Berlin geflüchtet, da er zum Militär eingezogen werden sollte (er hat seinen eigenen Papa niemals wiedergesehen!). Mein Großvater musste aus Ostpreußen/Königsberg fliehen, wie so viele andere Menschen auch. Dabei ist seine halbe Familie auf der Flucht verhungert. Scheinbar hat man diese ganzen Fluchtschicksale, in denen Menschen vor Krieg, Leid und Verfolgung geflohen sind, einfach vergessen.
Sina machen die ganzen Einzelschicksale so unendlich traurig, sie kann nicht fassen, warum es so wenig Empathie und Hilfsbereitschaft gibt. Zusätzlich geht sie Freitags zu einer Greenpeace- und einer Amnesty International-Gruppe. 
Ich fühle mich dabei sehr hilflos, sie ist emotional an ihrer absoluten Grenze, mein Krebs, die neue EC-Therapie und dann noch die politische Sitution und die eigene Machtlosigkeit auf allen Ebenen zu spüren. 
Außerdem macht mir die Kälte zu schaffen! So langsam dürfte sich das Wetter mal bessern, dieser ewige Winter nervt langsam und ich freue mich auf den März! Regen, Schneeregen, Nebel, Matsch, Dunkelheit... meine Hunde möchten trotzdem nach draußen, warum eigentlich?! Ich benötige manchmal ganz schön viel innere Überzeugungsarbeit, um mich aufzuraffen und zu laufen. 
Also alles in allem erkläre ich den Februar dieses Jahr nicht zu meinem Lieblingsmonat. Aber kein Problem, das Jahr hat ja noch zehn weitere Monate... 



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